Papier: 02 Hochschulbildung (TEIL 4)
Originalversion
| 1 | Kapitel II/2. „Hochschulbildung“ – TEIL 4 |
| 2 | |
| 3 | (Stand: 6. Februar 2012) |
| 4 | |
| 5 | |
| 6 | |
| 7 | **3.2 Software für Lern- und Hochschulmanagementsysteme** |
| 8 | Dieser Abschnitt befasst sich hauptsächlich mit den |
| 9 | Plattformen, die E-Learning ermöglichen. Allerdings sind |
| 10 | diese Themen zunehmend miteinander verbunden. Campus |
| 11 | Management-Software eröffnet die Möglichkeit, im Sinne eines |
| 12 | richtig verstandenen Bologna Prozesses, die universitäre |
| 13 | Ausbildung von starren, generellen Kurs- und |
| 14 | Lehrplanstrukturen abzulösen und zunehmend an den |
| 15 | Voraussetzungen, Bedürfnissen und Wünschen der einzelnen |
| 16 | Studierenden zu orientieren. Dies beginnt schon in der |
| 17 | Bewerbungsphase, in der Hochschulen künftige Studierende in |
| 18 | ihre Strukturen aufnehmen. Eine Individualisierung ist dabei |
| 19 | auch mit Herausforderungen für die Sicherung der Autonomie |
| 20 | der Studierenden etwa im Hinblick auf ihre |
| 21 | leistungsbezogenen Daten verbunden, über deren Bewältigung |
| 22 | gegenwärtig diskutiert wird. Neben den großen Potenzialen |
| 23 | der Lern- und Hochschulmanagementsysteme für Lehrende und |
| 24 | Studierende, insbesondere was die Partizipation und |
| 25 | Kommunikation innerhalb der Lernprozesse angeht, wird die |
| 26 | Realisierung der Hochschulmanagementsysteme von Teilen der |
| 27 | Studierenden und Lehrenden aber auch kritisch gesehen. [FN: |
| 28 | vgl.: |
| 29 | http://spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,389261,00.html |
| 30 | und http://www.campus-innovation.de/node/29] |
| 31 | |
| 32 | Für die Weitergabe von Daten und für IT-Projekte sind indes |
| 33 | zwei Dinge entscheidend: zum einen die Datenformate, zum |
| 34 | anderen die Interoperabilität. [FN: Anmerkung: Die |
| 35 | Projektgruppe Interoperabilität, Standards, Open Source der |
| 36 | Enquete-Kommission wird diese Themen inhaltlich aufgreifen.] |
| 37 | Da sich die Hochschulsoftware an den einzelnen Standorten |
| 38 | auf einem unterschiedlichen Niveau befindet, der Datenfluss |
| 39 | aber sichergestellt werden muss, bedarf es hier neuer |
| 40 | Herangehensweisen. |
| 41 | |
| 42 | Voraussetzung für das Heben der genannten Potenziale ist |
| 43 | eine frühzeitige Einbindung von Lehrenden und Studierenden, |
| 44 | eine vorausschauende Koordination, ein fairer Wettbewerb der |
| 45 | Anbieter von Software und die Freiheit der Hochschulen, ihr |
| 46 | jeweiliges IT-Konzept zu realisieren. [FN: Sondervotum DIE |
| 47 | LINKE.: angekündigt, Formulierung folgt.] |
| 48 | |
| 49 | In der Software für Managementsysteme an Hochschulen gibt es |
| 50 | verschiedene Ansätze, die von integrierten Systemen für |
| 51 | alle Hochschulprozesse bis zu einzelnen Komponenten, etwa |
| 52 | für das Campusmanagement, reichen. Der Einsatz ist je nach |
| 53 | Bedarf und Größe der Hochschule zu entscheiden. Ein |
| 54 | Hochschulmanagementsystem ist ein System, das alle Abläufe |
| 55 | an der Hochschule unterstützt, während Lernmanagementsysteme |
| 56 | (LMS) für die elektronische Lehre eingesetzt wird. |
| 57 | |
| 58 | Es existiert eine Fülle von Produkten auf dem Markt, die |
| 59 | sich in Bezug auf die angebotenen Funktionalitäten in vielem |
| 60 | ähneln. Dabei kommen sowohl kommerzielle als auch Open |
| 61 | Source-Produkte zum Einsatz. Einige große Hochschulen, wie |
| 62 | etwa die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule |
| 63 | Aachen, haben eigene Systeme entwickelt. |
| 64 | |
| 65 | Ein LMS oder LCMS stellt die technische Infrastruktur für |
| 66 | einen "virtuellen Lernraum" bereit, der parallel zu den |
| 67 | Präsenzlernräumen einer Hochschule eingesetzt werden kann: |
| 68 | Es besteht die Möglichkeit, dort Kurse (geschlossene |
| 69 | virtuelle Räume) einzurichten, in denen Lernmaterialien zur |
| 70 | Verfügung gestellt werden und in denen Lehrende und |
| 71 | Studierenden miteinander kommunizieren und gemeinsam |
| 72 | arbeiten können. Lernmanagementsysteme umfassen die Planung, |
| 73 | Anmeldung, Bereitstellung von Kursunterlagen und |
| 74 | Zertifizierung. Die Inhalte (Content) werden häufig in einem |
| 75 | zentralen Repository vorgehalten, wobei es zum teil komplexe |
| 76 | urheberrechtliche Regelungen zu beachten gilt (z.B. § 52a |
| 77 | UrhG). |
| 78 | Integrierte Hochschulmanagementsysteme umfassen: |
| 79 | |
| 80 | * Campusmanagementsysteme − sie dienen der Verwaltung und |
| 81 | Kontrolle aller Prozesse, die mit Studieninteressierten, |
| 82 | Studierenden, Alumnis, der Studienverwaltung und Lehre zu |
| 83 | tun haben; |
| 84 | |
| 85 | * Forschungsmanagement – für die Administration von |
| 86 | Forschungsschwerpunkten und Förderern sowie der Durchführung |
| 87 | von Forschungsprojekten; |
| 88 | |
| 89 | * Ressourcenmanagement − Personalmanagement, |
| 90 | Finanzmanagement, Gebäudemanagement, Ressourcenplanung für |
| 91 | Lehre und Forschung. |
| 92 | |
| 93 | |
| 94 | Auch in Bezug auf die Akzeptanz von E-Learning an |
| 95 | Hochschulen sind umfassende, integrierte Lösungen wichtig: |
| 96 | Die Lernmanagementsysteme müssen kompatibel mit dem |
| 97 | allgemeinen Hochschulmanagement sein. Sobald die Anmeldung |
| 98 | zu Veranstaltungen und Prüfungen, der Abruf von |
| 99 | Prüfungsergebnissen etc. erst einer Synchronisation bedarf, |
| 100 | unterschiedliche Portale oder Zugangskennungen erforderlich |
| 101 | sind, sinkt die Akzeptanz erheblich. Bedeutend ist in diesem |
| 102 | Zusammenhang auch die Nutzung von Forschungsergebnissen für |
| 103 | die Lehre durch deren Integration in digitale |
| 104 | Infrastrukturen. Solange dort digitale |
| 105 | Informationsressourcen nicht selbstverständlich genutzt |
| 106 | werden, ist es schwierig, Lehrende vom E-Learning zu |
| 107 | überzeugen. |
| 108 | |
| 109 | Das Beispiel der Softwarelösungen von CampusSource macht |
| 110 | deutlich, welche Anforderungen an E-Learning-Infrastrukturen |
| 111 | bestehen: Die verwendete Software sollte modular aufgebaut |
| 112 | sein und möglichst Standardschnittstellen verwenden, um die |
| 113 | Kompatibilität mit bestehenden Infrastrukturen zu |
| 114 | gewährleisten. Nur so ist eine Integration der Learning |
| 115 | Management Systeme in die IT-Infrastruktur der Hochschule, |
| 116 | etwa die Campus Management Systeme, möglich. Anstelle einer |
| 117 | direkten Schnittstelle empfiehlt sich ein Middlewarekonzept |
| 118 | (im hier genannten Beispiel CampusSource Engine). |
| 119 | |
| 120 | Die in Nordrhein-Westfalen entstandene |
| 121 | CampusSource-Initative entwickelt aus bestehenden Projekten |
| 122 | Open Source-Projekte und bietet die entwickelten Tools über |
| 123 | eine Software-Börse an. |
| 124 | |
| 125 | Weitere Anforderungen an E-Learning-Infrastrukturen können |
| 126 | sich durch standortübergreifende Ansätze auf Grund |
| 127 | regionaler Kooperationen, wie zum Beispiel der Ruhr-Allianz |
| 128 | der Universitäten Bochum, Dortmund, Duisburg/Essen ergeben. |
| 129 | In dem Fall bedarf es einer standortübergreifenden |
| 130 | Authentifizierung, der Anbindung an externe Nutzerkonten und |
| 131 | einer performanten Nutzung, auch bei großen Zugriffszahlen. |
| 132 | Der von CampusSource gewählte Lösungsansatz liegt im Einsatz |
| 133 | von Middleware und einer losen Kopplung von Systemen. |
| 134 | |
| 135 | |
| 136 | **3.3 Integriertes Informationsmanagement** |
| 137 | Eine wichtige Kooperation der Serviceeinrichtungen der |
| 138 | einzelnen Hochschulen, stellt das integrierte |
| 139 | Informationsmanagement [FN: Anmerkung: Das integrierte |
| 140 | Informationsmanagement an Hochschulen hat eine |
| 141 | Effizienzsteigerung, Kostenoptimierung und verbesserte |
| 142 | Dienstleistungen zum Ziel. Es geht dabei vor allem darum, |
| 143 | für die Kernprozesse in Forschung, Lehre, Studium und |
| 144 | Verwaltung eine softwarebasierte, möglichst nahtlose |
| 145 | Workflow-Unterstützung ohne Medienbrüche zu erhalten. Für |
| 146 | den organisatorischen Ablauf an Hochschulen hat das zur |
| 147 | Folge, dass sich Kernaufgaben der Strukturbereiche |
| 148 | (Bibliothek, Medien- und Rechenzentrum, |
| 149 | Verwaltungsdatenverarbeitung) immer mehr zu |
| 150 | interdisziplinären Aufgaben entwickeln. Technisch gesehen |
| 151 | bedeutet es, dass vorhandene IT-Systeme und -Dienste |
| 152 | aufeinander abgestimmt und interoperabel sein müssen.] dar. |
| 153 | Seit etwa zehn Jahren ist dieses ein zentrales Thema in der |
| 154 | deutschen Hochschulpolitik. Während die Fragestellungen um |
| 155 | die Herausforderungen des Informationsmanagements und der |
| 156 | Serviceintegration an Universitäten in den |
| 157 | anglo-amerikanischen Ländern bereits in den 1980er Jahren |
| 158 | unter dem Stichwort „convergence“ ihren Anfang genommen |
| 159 | haben, kann inzwischen auch an deutschen Hochschulen auf |
| 160 | eine mehrjährige Praxis in der Erprobung verschiedener |
| 161 | Modelle zurückgeblickt werden [FN: Anmerkung: Als Beispiele |
| 162 | sind hier einige Universitäten zu nennen, die teilweise im |
| 163 | Rahmen der DFG-Förderinitiative Leistungszentren für |
| 164 | Forschungsinformation – Integriertes Informationsmanagement |
| 165 | erste Maßnahmen zur Serviceintegration ergriffen haben: Das |
| 166 | IT-Servicezentrum der Universität Augsburg, das |
| 167 | Informations- und Kommunikationszentrum der |
| 168 | Humboldt-Universität zu Berlin, das IKM-Management der |
| 169 | Universität Bielefeld, die Dienste- und Serviceintegration |
| 170 | im IKMZ der BTU Cottbus, das Zentrum für Informations- und |
| 171 | Mediendienste der Universität Duisburg-Essen, die |
| 172 | IuK-Strategie für den Wissensstandort Göttingen, das |
| 173 | Karlsruher Integrierte Informations-Management KIM.]. Als |
| 174 | wesentliche Treiber für diese Entwicklungen auf |
| 175 | hochschulpolitischer Ebene gelten die Deutsche Initiative |
| 176 | für Netzwerkinformation (DINI) und die Fördermaßnahmen des |
| 177 | Bundesministeriums für Bildung und Wissenschaft sowie der |
| 178 | Deutschen Forschungsgemeinschaft. |
| 179 | |
| 180 | Im Mittelpunkt stehen dabei Bemühungen um eine Koordination |
| 181 | der Entwicklungen auf den Gebieten des E-Learning, der |
| 182 | Portallösungen und des Zugangs zu digitalen |
| 183 | Informationsressourcen. So fordert DINI in einer von zehn |
| 184 | Thesen des Gründungspapiers Informationsinfrastruktur im |
| 185 | Wandel – Herausforderungen für die Hochschulen und ihre |
| 186 | Informations- und Kommunikationseinrichtungen: „Innerhalb |
| 187 | der Hochschulen ist ein die Fachbereiche integrierendes |
| 188 | Informationsmanagement aufzubauen. Hochschulleitungen, |
| 189 | Fachbereiche und zentrale Einrichtungen sollten einen |
| 190 | Hochschulentwicklungsplan für Information, Kommunikation und |
| 191 | Multimedia erarbeiten.“ [FN: zit. nach: Degkwitz, |
| 192 | Andreas/Schirmbacher, Peter: Informationsinfrastrukturen im |
| 193 | Wandel. Einführung und Überblick zur aktuellen Entwicklung. |
| 194 | In: Deutsche Initiative für Netzwerkinformationen e.V. |
| 195 | (Hrsg.): Informationsstrukturen im Wandel. |
| 196 | Informationsmanagement an deutschen Universitäten. Bad |
| 197 | Honnef: o.J., S. 11. Online abrufbar unter: |
| 198 | http://www.dini.de/fileadmin/docs/DINI_Informationsinfrastru |
| 199 | kturen.pdf und vgl. auch: |
| 200 | http://www.dini.de/documents/thesen.pdf] |
| 201 | |
| 202 | |
| 203 | |
| 204 | |
| 205 | **II. Perspektiven und zukünftige Entwicklungen** |
| 206 | |
| 207 | **1. Themenschwerpunkt: Bibliotheken und Urheberrecht** |
| 208 | |
| 209 | Der freie Zugang zu wissenschaftlichen Informationen ist für |
| 210 | den wissenschaftlichen Fortschrift und das wissenschaftliche |
| 211 | Arbeiten von existenzieller Bedeutung. Das Urheberrecht darf |
| 212 | nicht dazu führen, dass Inhalte bei kommerziellen Verwertern |
| 213 | monopolisiert werden. Die Wissenschaft benötigt einen |
| 214 | rechtlichen Handlungsrahmen eigener Kompetenz. |
| 215 | |
| 216 | Die 2003 getroffenen Regelungen in § 52a Urhebergesetz |
| 217 | (UrhG) „Öffentliche Zugänglichkeitsmachung für Unterricht |
| 218 | und Forschung“ ermöglichen die digitale Zugänglichmachung |
| 219 | kurzer Werkteile im Rahmen von Forschung und Bildung. Da die |
| 220 | Verlage und Urheber durch diese Regelung weitergehende |
| 221 | Einnahmeausfälle befürchteten, wurde sie befristet. Diese |
| 222 | Befristung wurde mehrfach verlängert, da die Evaluierung die |
| 223 | Fortschritte für Bibliotheken, Schulen, Hochschulen und |
| 224 | Wissenschaftseinrichtungen aufzeigte. Zugleich wurde |
| 225 | deutlich, dass sich die Vertragsverhandlungen zwischen den |
| 226 | Trägern der Bildungseinrichtungen und den Rechteinhabern |
| 227 | über die zu gewährende Vergütung schwierig gestalteten. 2010 |
| 228 | wurde der entsprechende Vertrag unterzeichnet. [An dieser |
| 229 | Stelle folgt noch ein Text zum § 52a bzw. §53 UrhG.] |
| 230 | |
| 231 | Der wissenschaftliche Arbeitsalltag, der mittlerweile |
| 232 | weitgehend von der Digitalisierung bestimmt wird, wurde |
| 233 | durch die bisherigen Novellen des Urheberrechtsgesetzes in |
| 234 | seinen rechtlichen Rahmenbedingungen erheblich |
| 235 | verkompliziert. Auch tragen gerade diejenigen Vorschriften, |
| 236 | die sich mit digital vorliegenden Inhalten befassen, zu |
| 237 | wenig den Erfordernissen einer schnellen und ungehinderten |
| 238 | Wissenschaftskommunikation Rechnung. Dies kann |
| 239 | innovationshemmend für den Wissenschaftsstandort Deutschland |
| 240 | und damit auch für die Volkswirtschaft nachteilig sein. Ziel |
| 241 | der Bemühungen könnten verlässliche, transparente, leicht |
| 242 | handhabbare und faire rechtliche Rahmenbedingungen für die |
| 243 | wissenschaftliche Arbeit mit publizierter Information sein. |
| 244 | Wissenschaftliches Publizieren und die Arbeit mit |
| 245 | wissenschaftlichen Publikationen gehören zum Kernbereich |
| 246 | wissenschaftlicher Forschung und Lehre und genießen damit |
| 247 | den Schutz von Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG. |
| 248 | |
| 249 | |
| 250 | **2. Themenschwerpunkt: Offene Hochschule** |
| 251 | |
| 252 | Durch den Einsatz von Computermanagementsystemen zur |
| 253 | Organisation und |
| 254 | E-Learning-Methoden zur Gestaltung von Lernarrangements |
| 255 | haben digitale Medien in der Studienorganisation einen |
| 256 | festen Platz eingenommen. Die Analyse dieser zeigt, dass |
| 257 | damit vielfältige Potenziale für die Entwicklung Offener |
| 258 | Hochschulen verbunden sind. |
| 259 | |
| 260 | **2.1. Open University-Modelle** |
| 261 | Das Open University-Modell, das auf den grundlegenden |
| 262 | Ansätzen und Erfahrungen der 1969 gegründeten Open |
| 263 | University (OU) in Großbritannien aufbaut, erfreut sich |
| 264 | zunehmender Beliebtheit – auch außerhalb des Vereinigten |
| 265 | Königreichs. Das Konzept sieht vor, über Fernstudiengänge |
| 266 | Kurse, Zertifikate, Diploma und Universitätsabschlüsse wie |
| 267 | Bachelor of Arts, Master of Arts oder Master of Business |
| 268 | Administration anzubieten und diese auch Personen ohne |
| 269 | formalen Bildungsabschluss zugänglich zu machen. Dabei kommt |
| 270 | den IKT-Medien eine zunehmend gewichtige Rolle zu. |
| 271 | |
| 272 | Durch das Abrücken vom Prinzip einer auf Anwesenheit und |
| 273 | getakteter Präsenzzeiten aufbauenden Wissensvermittlung |
| 274 | eignen sich Open University-Modelle in idealer Weise, den |
| 275 | Hochschulzugang für beruflich Qualifizierte ohne schulische |
| 276 | Hochschulzugangsberechtigung, Personen mit |
| 277 | Familienpflichten, Berufsrückkehrer und auch |
| 278 | Studienabbrecher zu eröffnen und die Durchlässigkeit des |
| 279 | Bildungssystems zu stärken. |
| 280 | Der Ende 2011 beginnende „Wettbewerb Offene Hochschule“ soll |
| 281 | dieses Modell auch vermehrt an Hochschulen in Deutschland |
| 282 | verankern. Ziele sind die Aktivierung und dauerhafte |
| 283 | Sicherung des Fachkräfteangebots, die Verbesserung der |
| 284 | Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer |
| 285 | Bildung, eine Entwicklung passgenauer Studienangebote für |
| 286 | nicht-traditionelle Zielgruppen sowie für |
| 287 | Bachelor-Absolventen, die Etablierung dauerhafter |
| 288 | Partnerschaften zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und |
| 289 | Verwaltung, die Integration neuester Forschungsergebnisse in |
| 290 | die Praxis und die Stärkung internationaler |
| 291 | Wettbewerbsfähigkeit der Hochschulen durch nachhaltige |
| 292 | Profilbildung im lebenslangen wissenschaftlichen Lernen. |
| 293 | Durch den Wettbewerb werden nachfrageorientierte und |
| 294 | bedarfsgerechte hochschulische Weiterbildungsangebote im |
| 295 | Bereich des lebenslangen wissenschaftlichen Lernens |
| 296 | geschaffen und bestehende, vorbildliche Angebote ausgebaut. |
| 297 | Dazu zählen insbesondere berufsbegleitende Studiengänge |
| 298 | sowie entsprechende Studienmodule, duale und |
| 299 | zielgruppenspezifische Studiengänge mit vertieften |
| 300 | Praxisphasen und Zertifikatsangebote. Digitale Lernformen |
| 301 | bieten besonders gute Möglichkeiten, neue Zielgruppen, wie |
| 302 | Berufstätige, für ein Hochschulstudium zu gewinnen, zum |
| 303 | Beispiel als eine Form der tertiären Weiterbildung. |
| 304 | |
| 305 | Die Einführung des Wettbewerbs „Offene Hochschule“ flankiert |
| 306 | bereits im Aufbau begriffene Organisationsmodelle und |
| 307 | Kommunikationsformen im Hochschulsystem. Beispielhaft kann |
| 308 | die Virtuelle Hochschule Bayern genannt werden, die sich als |
| 309 | „Verbundinstitut aller bayerischen Universitäten und |
| 310 | Hochschulen für angewandte Wissenschaften“ präsentiert. In |
| 311 | ihrer Selbstdarstellung wird als Ziel genannt, Lehr- und |
| 312 | Lernangebote durch ein IKT-Instrumentarium zeit- und |
| 313 | ortsunabhängig zu gestalten. Dabei werden die Ressourcen der |
| 314 | bayerischen Hochschulen effektiv gebündelt und im Rahmen |
| 315 | gesonderter Kursangebote den Studierenden dieser Hochschulen |
| 316 | zur Verfügung gestellt. Das System unterscheidet sich |
| 317 | insoweit von den klassischen Modellen einer Fernuniversität, |
| 318 | als dass über die synergetische Nutzung von freien |
| 319 | Kapazitäten ein gemeinschaftliches Angebot der |
| 320 | Studierenden-gemeinschaft unterbreitet wird, komplette |
| 321 | Fernstudiengänge jedoch nicht abrufbar sind. |
| 322 | |
| 323 | Die aufgezeigten Entwicklungen können als erster Impuls |
| 324 | begriffen werden, der einer viel weitreichenderen |
| 325 | Entwicklung im Hochschulsektor vorangestellt ist. [FN: Der |
| 326 | Trend zu rein über das Internet gehaltenen |
| 327 | Lehrveranstaltungen zeichnet sich international bereits seit |
| 328 | längerem ab: Beispiele sind die Khan-Academy |
| 329 | (http://www.khanacademy.org/), die Plattform Academic-Earth |
| 330 | (http://academicearth.org/) sowie Ende 2011 das Fallbespiel |
| 331 | des amerikanischen Stanford Professors Andrew Ng, der mit |
| 332 | einem Online Kurs über 100.000 Zuhörer erreichte. Das |
| 333 | konsequente Weiterdenken seiner Initiative hat zur Gründung |
| 334 | einer weiteren "Online-Universität" geführt |
| 335 | (http://www.udacity.com/). Die Bereitstellung ausgewählter |
| 336 | Vorträge der TED-Konferenz (www.TED.com) seit 2006 ist als |
| 337 | eine frühere Stufe dieser Entwicklung zu sehen. Sie wurden |
| 338 | bis heute über 500 Mio. Mal abgerufen.] Der zunehmende |
| 339 | Einsatz und die sich bietenden Möglichkeiten von |
| 340 | IT-Technologien in Lehr- und Lernangeboten schaffen eine |
| 341 | zeitliche und räumliche Flexibilität, die Lehre und das |
| 342 | Lernen zunehmend zeit- und ortsunabhängig gestalten zu |
| 343 | können, wodurch sich auch zusätzliche Effizienzgewinne |
| 344 | ergeben. [FN: Anmerkung: Ein Referenzrahmen zur |
| 345 | Qualitätssicherung und -entwicklung von E-Learning-Angeboten |
| 346 | wurde im Rahmen einer Studie des BMBF-Projekts KoOP |
| 347 | entwickelt. Vgl.: Schulmeister, Rolf/Mayrberger, |
| 348 | Kerstin/Breiter, Andreas/Fischer, Arne/Hofmann, Jörg/Vogel, |
| 349 | Martin: Didaktik und IT-Service-Management für Hochschulen. |
| 350 | Referenzrahmen zur Qualitätssicherung und -entwicklung von |
| 351 | eLearning-Angeboten. Bremen/Hamburg: 2008. Online abrufbar |
| 352 | unter: |
| 353 | http://www.mmkh.de/upload/dokumente/Referenzrahmen_Qualitaet |
| 354 | ssicherung_elearning_April09.pdf. Die Effekte des Einsatzes |
| 355 | von digitalen Lehr- und Lernmedien auf die |
| 356 | Ausbildungskapazität untersucht eine 2008 erschienene |
| 357 | HIS-Studie. Vgl.: Kleimann, Bernd: Kapazitätseffekte von |
| 358 | E-Learning an deutschen Hochschulen. HIS Forum Hochschule |
| 359 | 6/2008, Online abrufbar unter: |
| 360 | http://www.his.de/pdf/pub_fh/fh-200806.pdf. Mit den |
| 361 | Marktpotenzialen und Förderstrategien anderer Nationen im |
| 362 | Bereich E-Learning setzt sich das Hintergrundpapier |
| 363 | eLearning in Forschung, Lehre und Weiterbildung im Ausland |
| 364 | des Büros für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen |
| 365 | Bundestag auseinander. Vgl.: Revermann, Christoph: eLearning |
| 366 | in Forschung, Lehre und Weiterbildung im Ausland. |
| 367 | Sachstandsbericht zum Monitoring eLearning. Büro für |
| 368 | Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag. |
| 369 | Hintergrundpapier Nr. 14. Berlin: 2006. Online abrufbar |
| 370 | unter: |
| 371 | http://www.tab-beim-bundestag.de/de/pdf/publikationen/berich |
| 372 | te/TAB-Hintergrundpapier-hp014.pdf. ] |
| 373 | |
| 374 | Insbesondere IT-Unternehmen schreiben Live-Online-Seminaren |
| 375 | und Web-based Trainings große Bedeutung zu. Dies gilt sowohl |
| 376 | für die Schulung von Mitarbeitern und Kunden bei der |
| 377 | Einführung neuer Produkte oder Services als auch für die |
| 378 | Information von (Neu-)Kunden im Vorfeld von Präsenzterminen. |
Der Text verglichen mit der Originalversion
| 1 | Kapitel II/2. „Hochschulbildung“ – TEIL 4 |
| 2 | |
| 3 | (Stand: 6. Februar 2012) |
| 4 | |
| 5 | |
| 6 | |
| 7 | **3.2 Software für Lern- und Hochschulmanagementsysteme** |
| 8 | Dieser Abschnitt befasst sich hauptsächlich mit den |
| 9 | Plattformen, die E-Learning ermöglichen. Allerdings sind |
| 10 | diese Themen zunehmend miteinander verbunden. Campus |
| 11 | Management-Software eröffnet die Möglichkeit, im Sinne eines |
| 12 | richtig verstandenen Bologna Prozesses, die universitäre |
| 13 | Ausbildung von starren, generellen Kurs- und |
| 14 | Lehrplanstrukturen abzulösen und zunehmend an den |
| 15 | Voraussetzungen, Bedürfnissen und Wünschen der einzelnen |
| 16 | Studierenden zu orientieren. Dies beginnt schon in der |
| 17 | Bewerbungsphase, in der Hochschulen künftige Studierende in |
| 18 | ihre Strukturen aufnehmen. Eine Individualisierung ist dabei |
| 19 | auch mit Herausforderungen für die Sicherung der Autonomie |
| 20 | der Studierenden etwa im Hinblick auf ihre |
| 21 | leistungsbezogenen Daten verbunden, über deren Bewältigung |
| 22 | gegenwärtig diskutiert wird. Neben den großen Potenzialen |
| 23 | der Lern- und Hochschulmanagementsysteme für Lehrende und |
| 24 | Studierende, insbesondere was die Partizipation und |
| 25 | Kommunikation innerhalb der Lernprozesse angeht, wird die |
| 26 | Realisierung der Hochschulmanagementsysteme von Teilen der |
| 27 | Studierenden und Lehrenden aber auch kritisch gesehen. [FN: |
| 28 | vgl.: |
| 29 | http://spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,389261,00.html |
| 30 | und http://www.campus-innovation.de/node/29] |
| 31 | |
| 32 | Für die Weitergabe von Daten und für IT-Projekte sind indes |
| 33 | zwei Dinge entscheidend: zum einen die Datenformate, zum |
| 34 | anderen die Interoperabilität. [FN: Anmerkung: Die |
| 35 | Projektgruppe Interoperabilität, Standards, Open Source der |
| 36 | Enquete-Kommission wird diese Themen inhaltlich aufgreifen.] |
| 37 | Da sich die Hochschulsoftware an den einzelnen Standorten |
| 38 | auf einem unterschiedlichen Niveau befindet, der Datenfluss |
| 39 | aber sichergestellt werden muss, bedarf es hier neuer |
| 40 | Herangehensweisen. |
| 41 | |
| 42 | Voraussetzung für das Heben der genannten Potenziale ist |
| 43 | eine frühzeitige Einbindung von Lehrenden und Studierenden, |
| 44 | eine vorausschauende Koordination, ein fairer Wettbewerb der |
| 45 | Anbieter von Software und die Freiheit der Hochschulen, ihr |
| 46 | jeweiliges IT-Konzept zu realisieren. [FN: Sondervotum DIE |
| 47 | LINKE.: angekündigt, Formulierung folgt.] |
| 48 | |
| 49 | In der Software für Managementsysteme an Hochschulen gibt es |
| 50 | verschiedene Ansätze, die von integrierten Systemen für |
| 51 | alle Hochschulprozesse bis zu einzelnen Komponenten, etwa |
| 52 | für das Campusmanagement, reichen. Der Einsatz ist je nach |
| 53 | Bedarf und Größe der Hochschule zu entscheiden. Ein |
| 54 | Hochschulmanagementsystem ist ein System, das alle Abläufe |
| 55 | an der Hochschule unterstützt, während Lernmanagementsysteme |
| 56 | (LMS) für die elektronische Lehre eingesetzt wird. |
| 57 | |
| 58 | Es existiert eine Fülle von Produkten auf dem Markt, die |
| 59 | sich in Bezug auf die angebotenen Funktionalitäten in vielem |
| 60 | ähneln. Dabei kommen sowohl kommerzielle als auch Open |
| 61 | Source-Produkte zum Einsatz. Einige große Hochschulen, wie |
| 62 | etwa die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule |
| 63 | Aachen, haben eigene Systeme entwickelt. |
| 64 | |
| 65 | Ein LMS oder LCMS stellt die technische Infrastruktur für |
| 66 | einen "virtuellen Lernraum" bereit, der parallel zu den |
| 67 | Präsenzlernräumen einer Hochschule eingesetzt werden kann: |
| 68 | Es besteht die Möglichkeit, dort Kurse (geschlossene |
| 69 | virtuelle Räume) einzurichten, in denen Lernmaterialien zur |
| 70 | Verfügung gestellt werden und in denen Lehrende und |
| 71 | Studierenden miteinander kommunizieren und gemeinsam |
| 72 | arbeiten können. Lernmanagementsysteme umfassen die Planung, |
| 73 | Anmeldung, Bereitstellung von Kursunterlagen und |
| 74 | Zertifizierung. Die Inhalte (Content) werden häufig in einem |
| 75 | zentralen Repository vorgehalten, wobei es zum teil komplexe |
| 76 | urheberrechtliche Regelungen zu beachten gilt (z.B. § 52a |
| 77 | UrhG). |
| 78 | Integrierte Hochschulmanagementsysteme umfassen: |
| 79 | |
| 80 | * Campusmanagementsysteme − sie dienen der Verwaltung und |
| 81 | Kontrolle aller Prozesse, die mit Studieninteressierten, |
| 82 | Studierenden, Alumnis, der Studienverwaltung und Lehre zu |
| 83 | tun haben; |
| 84 | |
| 85 | * Forschungsmanagement – für die Administration von |
| 86 | Forschungsschwerpunkten und Förderern sowie der Durchführung |
| 87 | von Forschungsprojekten; |
| 88 | |
| 89 | * Ressourcenmanagement − Personalmanagement, |
| 90 | Finanzmanagement, Gebäudemanagement, Ressourcenplanung für |
| 91 | Lehre und Forschung. |
| 92 | |
| 93 | |
| 94 | Auch in Bezug auf die Akzeptanz von E-Learning an |
| 95 | Hochschulen sind umfassende, integrierte Lösungen wichtig: |
| 96 | Die Lernmanagementsysteme müssen kompatibel mit dem |
| 97 | allgemeinen Hochschulmanagement sein. Sobald die Anmeldung |
| 98 | zu Veranstaltungen und Prüfungen, der Abruf von |
| 99 | Prüfungsergebnissen etc. erst einer Synchronisation bedarf, |
| 100 | unterschiedliche Portale oder Zugangskennungen erforderlich |
| 101 | sind, sinkt die Akzeptanz erheblich. Bedeutend ist in diesem |
| 102 | Zusammenhang auch die Nutzung von Forschungsergebnissen für |
| 103 | die Lehre durch deren Integration in digitale |
| 104 | Infrastrukturen. Solange dort digitale |
| 105 | Informationsressourcen nicht selbstverständlich genutzt |
| 106 | werden, ist es schwierig, Lehrende vom E-Learning zu |
| 107 | überzeugen. |
| 108 | |
| 109 | Das Beispiel der Softwarelösungen von CampusSource macht |
| 110 | deutlich, welche Anforderungen an E-Learning-Infrastrukturen |
| 111 | bestehen: Die verwendete Software sollte modular aufgebaut |
| 112 | sein und möglichst Standardschnittstellen verwenden, um die |
| 113 | Kompatibilität mit bestehenden Infrastrukturen zu |
| 114 | gewährleisten. Nur so ist eine Integration der Learning |
| 115 | Management Systeme in die IT-Infrastruktur der Hochschule, |
| 116 | etwa die Campus Management Systeme, möglich. Anstelle einer |
| 117 | direkten Schnittstelle empfiehlt sich ein Middlewarekonzept |
| 118 | (im hier genannten Beispiel CampusSource Engine). |
| 119 | |
| 120 | Die in Nordrhein-Westfalen entstandene |
| 121 | CampusSource-Initative entwickelt aus bestehenden Projekten |
| 122 | Open Source-Projekte und bietet die entwickelten Tools über |
| 123 | eine Software-Börse an. |
| 124 | |
| 125 | Weitere Anforderungen an E-Learning-Infrastrukturen können |
| 126 | sich durch standortübergreifende Ansätze auf Grund |
| 127 | regionaler Kooperationen, wie zum Beispiel der Ruhr-Allianz |
| 128 | der Universitäten Bochum, Dortmund, Duisburg/Essen ergeben. |
| 129 | In dem Fall bedarf es einer standortübergreifenden |
| 130 | Authentifizierung, der Anbindung an externe Nutzerkonten und |
| 131 | einer performanten Nutzung, auch bei großen Zugriffszahlen. |
| 132 | Der von CampusSource gewählte Lösungsansatz liegt im Einsatz |
| 133 | von Middleware und einer losen Kopplung von Systemen. |
| 134 | |
| 135 | |
| 136 | **3.3 Integriertes Informationsmanagement** |
| 137 | Eine wichtige Kooperation der Serviceeinrichtungen der |
| 138 | einzelnen Hochschulen, stellt das integrierte |
| 139 | Informationsmanagement [FN: Anmerkung: Das integrierte |
| 140 | Informationsmanagement an Hochschulen hat eine |
| 141 | Effizienzsteigerung, Kostenoptimierung und verbesserte |
| 142 | Dienstleistungen zum Ziel. Es geht dabei vor allem darum, |
| 143 | für die Kernprozesse in Forschung, Lehre, Studium und |
| 144 | Verwaltung eine softwarebasierte, möglichst nahtlose |
| 145 | Workflow-Unterstützung ohne Medienbrüche zu erhalten. Für |
| 146 | den organisatorischen Ablauf an Hochschulen hat das zur |
| 147 | Folge, dass sich Kernaufgaben der Strukturbereiche |
| 148 | (Bibliothek, Medien- und Rechenzentrum, |
| 149 | Verwaltungsdatenverarbeitung) immer mehr zu |
| 150 | interdisziplinären Aufgaben entwickeln. Technisch gesehen |
| 151 | bedeutet es, dass vorhandene IT-Systeme und -Dienste |
| 152 | aufeinander abgestimmt und interoperabel sein müssen.] dar. |
| 153 | Seit etwa zehn Jahren ist dieses ein zentrales Thema in der |
| 154 | deutschen Hochschulpolitik. Während die Fragestellungen um |
| 155 | die Herausforderungen des Informationsmanagements und der |
| 156 | Serviceintegration an Universitäten in den |
| 157 | anglo-amerikanischen Ländern bereits in den 1980er Jahren |
| 158 | unter dem Stichwort „convergence“ ihren Anfang genommen |
| 159 | haben, kann inzwischen auch an deutschen Hochschulen auf |
| 160 | eine mehrjährige Praxis in der Erprobung verschiedener |
| 161 | Modelle zurückgeblickt werden [FN: Anmerkung: Als Beispiele |
| 162 | sind hier einige Universitäten zu nennen, die teilweise im |
| 163 | Rahmen der DFG-Förderinitiative Leistungszentren für |
| 164 | Forschungsinformation – Integriertes Informationsmanagement |
| 165 | erste Maßnahmen zur Serviceintegration ergriffen haben: Das |
| 166 | IT-Servicezentrum der Universität Augsburg, das |
| 167 | Informations- und Kommunikationszentrum der |
| 168 | Humboldt-Universität zu Berlin, das IKM-Management der |
| 169 | Universität Bielefeld, die Dienste- und Serviceintegration |
| 170 | im IKMZ der BTU Cottbus, das Zentrum für Informations- und |
| 171 | Mediendienste der Universität Duisburg-Essen, die |
| 172 | IuK-Strategie für den Wissensstandort Göttingen, das |
| 173 | Karlsruher Integrierte Informations-Management KIM.]. Als |
| 174 | wesentliche Treiber für diese Entwicklungen auf |
| 175 | hochschulpolitischer Ebene gelten die Deutsche Initiative |
| 176 | für Netzwerkinformation (DINI) und die Fördermaßnahmen des |
| 177 | Bundesministeriums für Bildung und Wissenschaft sowie der |
| 178 | Deutschen Forschungsgemeinschaft. |
| 179 | |
| 180 | Im Mittelpunkt stehen dabei Bemühungen um eine Koordination |
| 181 | der Entwicklungen auf den Gebieten des E-Learning, der |
| 182 | Portallösungen und des Zugangs zu digitalen |
| 183 | Informationsressourcen. So fordert DINI in einer von zehn |
| 184 | Thesen des Gründungspapiers Informationsinfrastruktur im |
| 185 | Wandel – Herausforderungen für die Hochschulen und ihre |
| 186 | Informations- und Kommunikationseinrichtungen: „Innerhalb |
| 187 | der Hochschulen ist ein die Fachbereiche integrierendes |
| 188 | Informationsmanagement aufzubauen. Hochschulleitungen, |
| 189 | Fachbereiche und zentrale Einrichtungen sollten einen |
| 190 | Hochschulentwicklungsplan für Information, Kommunikation und |
| 191 | Multimedia erarbeiten.“ [FN: zit. nach: Degkwitz, |
| 192 | Andreas/Schirmbacher, Peter: Informationsinfrastrukturen im |
| 193 | Wandel. Einführung und Überblick zur aktuellen Entwicklung. |
| 194 | In: Deutsche Initiative für Netzwerkinformationen e.V. |
| 195 | (Hrsg.): Informationsstrukturen im Wandel. |
| 196 | Informationsmanagement an deutschen Universitäten. Bad |
| 197 | Honnef: o.J., S. 11. Online abrufbar unter: |
| 198 | http://www.dini.de/fileadmin/docs/DINI_Informationsinfrastru |
| 199 | kturen.pdf und vgl. auch: |
| 200 | http://www.dini.de/documents/thesen.pdf] |
| 201 | |
| 202 | |
| 203 | |
| 204 | |
| 205 | **II. Perspektiven und zukünftige Entwicklungen** |
| 206 | |
| 207 | **1. Themenschwerpunkt: Bibliotheken und Urheberrecht** |
| 208 | |
| 209 | Der freie Zugang zu wissenschaftlichen Informationen ist für |
| 210 | den wissenschaftlichen Fortschrift und das wissenschaftliche |
| 211 | Arbeiten von existenzieller Bedeutung. Das Urheberrecht darf |
| 212 | nicht dazu führen, dass Inhalte bei kommerziellen Verwertern |
| 213 | monopolisiert werden. Die Wissenschaft benötigt einen |
| 214 | rechtlichen Handlungsrahmen eigener Kompetenz. |
| 215 | |
| 216 | Die 2003 getroffenen Regelungen in § 52a Urhebergesetz |
| 217 | (UrhG) „Öffentliche Zugänglichkeitsmachung für Unterricht |
| 218 | und Forschung“ ermöglichen die digitale Zugänglichmachung |
| 219 | kurzer Werkteile im Rahmen von Forschung und Bildung. Da die |
| 220 | Verlage und Urheber durch diese Regelung weitergehende |
| 221 | Einnahmeausfälle befürchteten, wurde sie befristet. Diese |
| 222 | Befristung wurde mehrfach verlängert, da die Evaluierung die |
| 223 | Fortschritte für Bibliotheken, Schulen, Hochschulen und |
| 224 | Wissenschaftseinrichtungen aufzeigte. Zugleich wurde |
| 225 | deutlich, dass sich die Vertragsverhandlungen zwischen den |
| 226 | Trägern der Bildungseinrichtungen und den Rechteinhabern |
| 227 | über die zu gewährende Vergütung schwierig gestalteten. 2010 |
| 228 | wurde der entsprechende Vertrag unterzeichnet. [An dieser |
| 229 | Stelle folgt noch ein Text zum § 52a bzw. §53 UrhG.] |
| 230 | |
| 231 | Der wissenschaftliche Arbeitsalltag, der mittlerweile |
| 232 | weitgehend von der Digitalisierung bestimmt wird, wurde |
| 233 | durch die bisherigen Novellen des Urheberrechtsgesetzes in |
| 234 | seinen rechtlichen Rahmenbedingungen erheblich |
| 235 | verkompliziert. Auch tragen gerade diejenigen Vorschriften, |
| 236 | die sich mit digital vorliegenden Inhalten befassen, zu |
| 237 | wenig den Erfordernissen einer schnellen und ungehinderten |
| 238 | Wissenschaftskommunikation Rechnung. Dies kann |
| 239 | innovationshemmend für den Wissenschaftsstandort Deutschland |
| 240 | und damit auch für die Volkswirtschaft nachteilig sein. Ziel |
| 241 | der Bemühungen könnten verlässliche, transparente, leicht |
| 242 | handhabbare und faire rechtliche Rahmenbedingungen für die |
| 243 | wissenschaftliche Arbeit mit publizierter Information sein. |
| 244 | Wissenschaftliches Publizieren und die Arbeit mit |
| 245 | wissenschaftlichen Publikationen gehören zum Kernbereich |
| 246 | wissenschaftlicher Forschung und Lehre und genießen damit |
| 247 | den Schutz von Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG. |
| 248 | |
| 249 | |
| 250 | **2. Themenschwerpunkt: Offene Hochschule** |
| 251 | |
| 252 | Durch den Einsatz von Computermanagementsystemen zur |
| 253 | Organisation und |
| 254 | E-Learning-Methoden zur Gestaltung von Lernarrangements |
| 255 | haben digitale Medien in der Studienorganisation einen |
| 256 | festen Platz eingenommen. Die Analyse dieser zeigt, dass |
| 257 | damit vielfältige Potenziale für die Entwicklung Offener |
| 258 | Hochschulen verbunden sind. |
| 259 | |
| 260 | **2.1. Open University-Modelle** |
| 261 | Das Open University-Modell, das auf den grundlegenden |
| 262 | Ansätzen und Erfahrungen der 1969 gegründeten Open |
| 263 | University (OU) in Großbritannien aufbaut, erfreut sich |
| 264 | zunehmender Beliebtheit – auch außerhalb des Vereinigten |
| 265 | Königreichs. Das Konzept sieht vor, über Fernstudiengänge |
| 266 | Kurse, Zertifikate, Diploma und Universitätsabschlüsse wie |
| 267 | Bachelor of Arts, Master of Arts oder Master of Business |
| 268 | Administration anzubieten und diese auch Personen ohne |
| 269 | formalen Bildungsabschluss zugänglich zu machen. Dabei kommt |
| 270 | den IKT-Medien eine zunehmend gewichtige Rolle zu. |
| 271 | |
| 272 | Durch das Abrücken vom Prinzip einer auf Anwesenheit und |
| 273 | getakteter Präsenzzeiten aufbauenden Wissensvermittlung |
| 274 | eignen sich Open University-Modelle in idealer Weise, den |
| 275 | Hochschulzugang für beruflich Qualifizierte ohne schulische |
| 276 | Hochschulzugangsberechtigung, Personen mit |
| 277 | Familienpflichten, Berufsrückkehrer und auch |
| 278 | Studienabbrecher zu eröffnen und die Durchlässigkeit des |
| 279 | Bildungssystems zu stärken. |
| 280 | Der Ende 2011 beginnende „Wettbewerb Offene Hochschule“ soll |
| 281 | dieses Modell auch vermehrt an Hochschulen in Deutschland |
| 282 | verankern. Ziele sind die Aktivierung und dauerhafte |
| 283 | Sicherung des Fachkräfteangebots, die Verbesserung der |
| 284 | Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer |
| 285 | Bildung, eine Entwicklung passgenauer Studienangebote für |
| 286 | nicht-traditionelle Zielgruppen sowie für |
| 287 | Bachelor-Absolventen, die Etablierung dauerhafter |
| 288 | Partnerschaften zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und |
| 289 | Verwaltung, die Integration neuester Forschungsergebnisse in |
| 290 | die Praxis und die Stärkung internationaler |
| 291 | Wettbewerbsfähigkeit der Hochschulen durch nachhaltige |
| 292 | Profilbildung im lebenslangen wissenschaftlichen Lernen. |
| 293 | Durch den Wettbewerb werden nachfrageorientierte und |
| 294 | bedarfsgerechte hochschulische Weiterbildungsangebote im |
| 295 | Bereich des lebenslangen wissenschaftlichen Lernens |
| 296 | geschaffen und bestehende, vorbildliche Angebote ausgebaut. |
| 297 | Dazu zählen insbesondere berufsbegleitende Studiengänge |
| 298 | sowie entsprechende Studienmodule, duale und |
| 299 | zielgruppenspezifische Studiengänge mit vertieften |
| 300 | Praxisphasen und Zertifikatsangebote. Digitale Lernformen |
| 301 | bieten besonders gute Möglichkeiten, neue Zielgruppen, wie |
| 302 | Berufstätige, für ein Hochschulstudium zu gewinnen, zum |
| 303 | Beispiel als eine Form der tertiären Weiterbildung. |
| 304 | |
| 305 | Die Einführung des Wettbewerbs „Offene Hochschule“ flankiert |
| 306 | bereits im Aufbau begriffene Organisationsmodelle und |
| 307 | Kommunikationsformen im Hochschulsystem. Beispielhaft kann |
| 308 | die Virtuelle Hochschule Bayern genannt werden, die sich als |
| 309 | „Verbundinstitut aller bayerischen Universitäten und |
| 310 | Hochschulen für angewandte Wissenschaften“ präsentiert. In |
| 311 | ihrer Selbstdarstellung wird als Ziel genannt, Lehr- und |
| 312 | Lernangebote durch ein IKT-Instrumentarium zeit- und |
| 313 | ortsunabhängig zu gestalten. Dabei werden die Ressourcen der |
| 314 | bayerischen Hochschulen effektiv gebündelt und im Rahmen |
| 315 | gesonderter Kursangebote den Studierenden dieser Hochschulen |
| 316 | zur Verfügung gestellt. Das System unterscheidet sich |
| 317 | insoweit von den klassischen Modellen einer Fernuniversität, |
| 318 | als dass über die synergetische Nutzung von freien |
| 319 | Kapazitäten ein gemeinschaftliches Angebot der |
| 320 | Studierenden-gemeinschaft unterbreitet wird, komplette |
| 321 | Fernstudiengänge jedoch nicht abrufbar sind. |
| 322 | |
| 323 | Die aufgezeigten Entwicklungen können als erster Impuls |
| 324 | begriffen werden, der einer viel weitreichenderen |
| 325 | Entwicklung im Hochschulsektor vorangestellt ist. [FN: Der |
| 326 | Trend zu rein über das Internet gehaltenen |
| 327 | Lehrveranstaltungen zeichnet sich international bereits seit |
| 328 | längerem ab: Beispiele sind die Khan-Academy |
| 329 | (http://www.khanacademy.org/), die Plattform Academic-Earth |
| 330 | (http://academicearth.org/) sowie Ende 2011 das Fallbespiel |
| 331 | des amerikanischen Stanford Professors Andrew Ng, der mit |
| 332 | einem Online Kurs über 100.000 Zuhörer erreichte. Das |
| 333 | konsequente Weiterdenken seiner Initiative hat zur Gründung |
| 334 | einer weiteren "Online-Universität" geführt |
| 335 | (http://www.udacity.com/). Die Bereitstellung ausgewählter |
| 336 | Vorträge der TED-Konferenz (www.TED.com) seit 2006 ist als |
| 337 | eine frühere Stufe dieser Entwicklung zu sehen. Sie wurden |
| 338 | bis heute über 500 Mio. Mal abgerufen.] Der zunehmende |
| 339 | Einsatz und die sich bietenden Möglichkeiten von |
| 340 | IT-Technologien in Lehr- und Lernangeboten schaffen eine |
| 341 | zeitliche und räumliche Flexibilität, die Lehre und das |
| 342 | Lernen zunehmend zeit- und ortsunabhängig gestalten zu |
| 343 | können, wodurch sich auch zusätzliche Effizienzgewinne |
| 344 | ergeben. [FN: Anmerkung: Ein Referenzrahmen zur |
| 345 | Qualitätssicherung und -entwicklung von E-Learning-Angeboten |
| 346 | wurde im Rahmen einer Studie des BMBF-Projekts KoOP |
| 347 | entwickelt. Vgl.: Schulmeister, Rolf/Mayrberger, |
| 348 | Kerstin/Breiter, Andreas/Fischer, Arne/Hofmann, Jörg/Vogel, |
| 349 | Martin: Didaktik und IT-Service-Management für Hochschulen. |
| 350 | Referenzrahmen zur Qualitätssicherung und -entwicklung von |
| 351 | eLearning-Angeboten. Bremen/Hamburg: 2008. Online abrufbar |
| 352 | unter: |
| 353 | http://www.mmkh.de/upload/dokumente/Referenzrahmen_Qualitaet |
| 354 | ssicherung_elearning_April09.pdf. Die Effekte des Einsatzes |
| 355 | von digitalen Lehr- und Lernmedien auf die |
| 356 | Ausbildungskapazität untersucht eine 2008 erschienene |
| 357 | HIS-Studie. Vgl.: Kleimann, Bernd: Kapazitätseffekte von |
| 358 | E-Learning an deutschen Hochschulen. HIS Forum Hochschule |
| 359 | 6/2008, Online abrufbar unter: |
| 360 | http://www.his.de/pdf/pub_fh/fh-200806.pdf. Mit den |
| 361 | Marktpotenzialen und Förderstrategien anderer Nationen im |
| 362 | Bereich E-Learning setzt sich das Hintergrundpapier |
| 363 | eLearning in Forschung, Lehre und Weiterbildung im Ausland |
| 364 | des Büros für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen |
| 365 | Bundestag auseinander. Vgl.: Revermann, Christoph: eLearning |
| 366 | in Forschung, Lehre und Weiterbildung im Ausland. |
| 367 | Sachstandsbericht zum Monitoring eLearning. Büro für |
| 368 | Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag. |
| 369 | Hintergrundpapier Nr. 14. Berlin: 2006. Online abrufbar |
| 370 | unter: |
| 371 | http://www.tab-beim-bundestag.de/de/pdf/publikationen/berich |
| 372 | te/TAB-Hintergrundpapier-hp014.pdf. ] |
| 373 | |
| 374 | Insbesondere IT-Unternehmen schreiben Live-Online-Seminaren |
| 375 | und Web-based Trainings große Bedeutung zu. Dies gilt sowohl |
| 376 | für die Schulung von Mitarbeitern und Kunden bei der |
| 377 | Einführung neuer Produkte oder Services als auch für die |
| 378 | Information von (Neu-)Kunden im Vorfeld von Präsenzterminen. |
-
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