Papier: 01.04.01 Lehrkräfte an Schulen / Innovationskräfte der Unterrichts- und Schulentwicklung

Originalversion

1 Selbst wenn die Studierenden bezogen auf ihre
2 Freizeitnutzung positive Einstellungen gegenüber Medien
3 haben, bedeutet dies nicht notwendigerweise eine
4 entsprechende berufsbezogene Einstellung (Billes-Gerhart,
5 2009). Als immateriellen hemmenden Faktor für den
6 Computereinsatz an Schulen identifizieren Schulz-Zander und
7 Eickelmann (2008, S. 7) computerbezogene Selbstkonzepte bei
8 den Lehrpersonen. Auf sozialisationsspezifische Einflüsse
9 verweisen neuere Studien, welche durch die Forschung im
10 Anschluss an Bourdieu geprägt wurden. Biermann (2009),
11 Henrichwark (2009) und Kommer (2010) verdeutlichen, wie
12 Habitusformen im Umgang mit und in der Bewertung von Büchern
13 und elektronischen Medien dazu führen, dass bei vielen
14 Lehramtsstudierenden ein differenzierter Umgang mit neuen
15 Medien nicht stattfindet. Größtenteils aufgewachsen in
16 Familien, in denen die Orientierung an der Buchkultur
17 leitend war und die elektronischen Medien kritisch
18 gegenüberstanden, wird auch innerhalb der Berufsrolle eine
19 herkunftsmilieubedingte Haltung beibehalten, die eine
20 professionelle Bearbeitung hemmt: Den neuen Medien wird ein
21 starker negativer Einfluss attestiert, es wird aber
22 pädagogisch wenig unternommen, um den Einfluss auf die
23 eigenen Schülerinnen und Schüler zu schmälern (s.o.).
24
25 Für die Kultusminister der Länder schien es schon in den
26 90er Jahren dringlich zu sein, dass ein Lehramtsstudium
27 Lehrkräfte befähigt, die Medienkompetenz der Schülerinnen
28 und Schüler zu fördern, damit diese sich in den Medienwelten
29 selbstbewusst und verantwortungsvoll bewegen können.
30 Außerdem soll es die angehenden Lehrerinnen und Lehrer
31 befähigen, Medien verstärkt für Lernen und Erziehen
32 didaktisch zu nutzen. Medienpädagogik sollte deshalb, so der
33 Bericht des Schulausschusses der Kultusministerkonferenz
34 (KMK) vom 11. Dezember 1998, „verpflichtender Bestandteil
35 sowohl der allgemein erziehungswissenschaftlichen als auch
36 der spezifisch fachdidaktischen Ausbildung in der ersten und
37 in der zweiten Phase der Lehrerausbildung sein“. Doch eine
38 medienpädagogische Grundbildung – wie von der KMK und
39 medienpädagogischen Expertinnen und Experten gefordert – ist
40 bisher nur in wenigen Bundesländern als verpflichtender
41 Bestandteil in der Lehrerbildung umgesetzt worden. [FN:
42 Anmerkung: Als Vorschlag zur praktischen Umsetzung hat das
43 Hochschulnetzwerk »Lehrerausbildung und neue Medien« bereits
44 vor Jahren für die erste Phase der Lehrerbildung ein
45 Mindestcurriculum formuliert, das eine Pflichtveranstaltung
46 sowie zwei Wahlpflichtveranstaltungen vorsieht.
47 In Baden-Württemberg wurde mit der Verordnung des
48 Kultusministeriums über die Erste Staatsprüfung für das
49 Lehramt an Grundschulen (Grundschullehramtsprüfungsordnung
50 I - GPO I) vom 20. Mai 2011, § 7 und der Verordnung des
51 Kultusministeriums über die Erste Staatsprüfung für das
52 Lehramt an Werkrealschulen, Hauptschulen sowie Realschulen
53 (Werkreal-, Haupt- und Realschullehramtsprüfungsordnung -
54 WHRPO I) vom 20. Mai 2011, § 7 die Lehramtsausbildung
55 modifiziert und Medienpädagogik durchgängig und verbindlich
56 berücksichtigt. Auch Niedersachsen legte jüngst das Konzept
57 „Medienkompetenz in Niedersachsen – Meilensteine zum Ziel“
58 vor, mit dem die Systematisierung und Verstetigung von
59 Medienbildung in Niedersachsen erreicht werden soll.]
60
61 Auch wenn der Bereich nominell in den Prüfungsordnungen
62 auftaucht, bleibt er in den Studienordnungen und in der
63 Prüfungspraxis in der Regel optional, d.h. der Besuch
64 entsprechender Lehrveranstaltungen ist nicht verbindlich und
65 das Thema kann für die Prüfung weggelassen werden. [FN:
66 vgl.: Pietraß, M. & Hannawald, S.: Der Stand der
67 universitären Medienpädagogik: Professuren, Studiengänge und
68 Studienabschlüsse. Erziehungswissenschaft, 2008 (36),
69 Breiter, A., Welling, S., Stolpmann, B.: Medienkompetenz in
70 der Schule. Integration von Medien in den weiterführenden
71 Schulen in Nordrhein-Westfalen. Berlin und Kammerl, R. /
72 Mayrberger, K.: Medienpädagogik in der Lehrerinnen- und
73 Lehrerbildung in Deutschland: Aktuelle Situation und
74 Desiderata. In: Döbeli, B. / Petko, D. (Hrsg.): Digitale
75 Medien als Thema und Werkzeug der Lehrerinnen- und
76 Lehrerbildung. Beiträge zur Lehrerbildung. 29. Jahrgang,
77 Heft 2/2011, S. 172-184 ] Insgesamt betrachtet ist
78 festzuhalten, dass es in den letzten Jahren faktisch leider
79 noch nicht in ausreichendem Maße zu Veränderungen bei der
80 medienbezogenen Lehrerbildung in Deutschland gekommen ist.
81 Vielmehr wurden im Zuge der Restrukturierung von
82 Studiengängen stellenweise medienpädagogische
83 Studienangebote – nicht nur in den Lehramtsstudiengängen –
84 eingebüßt.
85
86 Die theoretische und empirische Fundierung der Verankerung
87 medienpädagogischer Inhalte wurde in den letzten Jahren in
88 Deutschland maßgeblich durch das Konzept „Medienkompetenz“
89 geprägt, dessen theoretische Beschreibung stark von Dieter
90 Baacke beeinflusst wurde (vgl. Baacke, 1988; Herzig, 2004).
91 Aufbauend auf dem kompetenztheoretischen Ansatz wurde
92 versucht, die Professionalität medienpädagogischen
93 Lehrerhandelns mit Konzepten zur „medienpädagogischen
94 Kompetenz“ zu bestimmen (Blömeke, 2000) [FN: Anmerkung:
95 Darunter versteht sie (1) die persönliche Medienkompetenz
96 von Lehrerinnen und Lehrern, (2) ihrer
97 sozialisationsbezogenen, (3) mediendidaktischen und (4)
98 medienerzieherischen Kompetenz sowie (5) ihrer
99 Schulentwicklungskompetenz im Medienzusammenhang.]. Auf die
100 Notwendigkeit, die medienpädagogische Kompetenz in einer
101 allgemeinen Theorie der Lehrerbildung zu verorten, weisen
102 Tulodziecki und Herzig (2002, S. 58ff) sowie Spanhel (2001,
103 S. 279) hin. Mit Blick auf die zentralen beruflichen
104 Aufgaben von Lehrerinnen und Lehrern [FN: Anmerkung: 1970
105 hatte der Deutsche Bildungsrat „Erziehen“, „Unterrichten“,
106 „Beurteilen“, „Beraten“ und „Innovieren“ als die fünf
107 zentralen beruflichen Aufgaben von Lehrerinnen und Lehrern
108 benannt. Insbesondere die durch eine akademische Ausbildung
109 ermöglichte Fähigkeit zur Unterrichts- und Schulentwicklung
110 begründet die Erwartung, dass Lehrkräfte aktiv eine
111 curriculare Integration der Medienbildung betreiben, wenn
112 der entsprechende Rahmen vorgegeben ist.] sind die
113 medienpädagogischen Kompetenzen theoretisch und empirisch
114 noch weiter auszudifferenzieren und in der Lehrerbildung
115 anzubahnen.
116
117 In der sich gegenwärtig entwickelnden empirischen
118 Lehrerbildungsforschung ist ein Schwerpunkt auf die
119 deskriptive und evaluative Erfassung erforderlicher
120 Kompetenzen von Lehrkräften sowie deren Aneignung und
121 Entwicklung in den unterschiedlichen Phasen der
122 Berufsbiographie ausgerichtet.

Der Text verglichen mit der Originalversion

1 Selbst wenn die Studierenden bezogen auf ihre
2 Freizeitnutzung positive Einstellungen gegenüber Medien
3 haben, bedeutet dies nicht notwendigerweise eine
4 entsprechende berufsbezogene Einstellung (Billes-Gerhart,
5 2009). Als immateriellen hemmenden Faktor für den
6 Computereinsatz an Schulen identifizieren Schulz-Zander und
7 Eickelmann (2008, S. 7) computerbezogene Selbstkonzepte bei
8 den Lehrpersonen. Auf sozialisationsspezifische Einflüsse
9 verweisen neuere Studien, welche durch die Forschung im
10 Anschluss an Bourdieu geprägt wurden. Biermann (2009),
11 Henrichwark (2009) und Kommer (2010) verdeutlichen, wie
12 Habitusformen im Umgang mit und in der Bewertung von Büchern
13 und elektronischen Medien dazu führen, dass bei vielen
14 Lehramtsstudierenden ein differenzierter Umgang mit neuen
15 Medien nicht stattfindet. Größtenteils aufgewachsen in
16 Familien, in denen die Orientierung an der Buchkultur
17 leitend war und die elektronischen Medien kritisch
18 gegenüberstanden, wird auch innerhalb der Berufsrolle eine
19 herkunftsmilieubedingte Haltung beibehalten, die eine
20 professionelle Bearbeitung hemmt: Den neuen Medien wird ein
21 starker negativer Einfluss attestiert, es wird aber
22 pädagogisch wenig unternommen, um den Einfluss auf die
23 eigenen Schülerinnen und Schüler zu schmälern (s.o.).
24
25 Für die Kultusminister der Länder schien es schon in den
26 90er Jahren dringlich zu sein, dass ein Lehramtsstudium
27 Lehrkräfte befähigt, die Medienkompetenz der Schülerinnen
28 und Schüler zu fördern, damit diese sich in den Medienwelten
29 selbstbewusst und verantwortungsvoll bewegen können.
30 Außerdem soll es die angehenden Lehrerinnen und Lehrer
31 befähigen, Medien verstärkt für Lernen und Erziehen
32 didaktisch zu nutzen. Medienpädagogik sollte deshalb, so der
33 Bericht des Schulausschusses der Kultusministerkonferenz
34 (KMK) vom 11. Dezember 1998, „verpflichtender Bestandteil
35 sowohl der allgemein erziehungswissenschaftlichen als auch
36 der spezifisch fachdidaktischen Ausbildung in der ersten und
37 in der zweiten Phase der Lehrerausbildung sein“. Doch eine
38 medienpädagogische Grundbildung – wie von der KMK und
39 medienpädagogischen Expertinnen und Experten gefordert – ist
40 bisher nur in wenigen Bundesländern als verpflichtender
41 Bestandteil in der Lehrerbildung umgesetzt worden. [FN:
42 Anmerkung: Als Vorschlag zur praktischen Umsetzung hat das
43 Hochschulnetzwerk »Lehrerausbildung und neue Medien« bereits
44 vor Jahren für die erste Phase der Lehrerbildung ein
45 Mindestcurriculum formuliert, das eine Pflichtveranstaltung
46 sowie zwei Wahlpflichtveranstaltungen vorsieht.
47 In Baden-Württemberg wurde mit der Verordnung des
48 Kultusministeriums über die Erste Staatsprüfung für das
49 Lehramt an Grundschulen (Grundschullehramtsprüfungsordnung
50 I - GPO I) vom 20. Mai 2011, § 7 und der Verordnung des
51 Kultusministeriums über die Erste Staatsprüfung für das
52 Lehramt an Werkrealschulen, Hauptschulen sowie Realschulen
53 (Werkreal-, Haupt- und Realschullehramtsprüfungsordnung -
54 WHRPO I) vom 20. Mai 2011, § 7 die Lehramtsausbildung
55 modifiziert und Medienpädagogik durchgängig und verbindlich
56 berücksichtigt. Auch Niedersachsen legte jüngst das Konzept
57 „Medienkompetenz in Niedersachsen – Meilensteine zum Ziel“
58 vor, mit dem die Systematisierung und Verstetigung von
59 Medienbildung in Niedersachsen erreicht werden soll.]
60
61 Auch wenn der Bereich nominell in den Prüfungsordnungen
62 auftaucht, bleibt er in den Studienordnungen und in der
63 Prüfungspraxis in der Regel optional, d.h. der Besuch
64 entsprechender Lehrveranstaltungen ist nicht verbindlich und
65 das Thema kann für die Prüfung weggelassen werden. [FN:
66 vgl.: Pietraß, M. & Hannawald, S.: Der Stand der
67 universitären Medienpädagogik: Professuren, Studiengänge und
68 Studienabschlüsse. Erziehungswissenschaft, 2008 (36),
69 Breiter, A., Welling, S., Stolpmann, B.: Medienkompetenz in
70 der Schule. Integration von Medien in den weiterführenden
71 Schulen in Nordrhein-Westfalen. Berlin und Kammerl, R. /
72 Mayrberger, K.: Medienpädagogik in der Lehrerinnen- und
73 Lehrerbildung in Deutschland: Aktuelle Situation und
74 Desiderata. In: Döbeli, B. / Petko, D. (Hrsg.): Digitale
75 Medien als Thema und Werkzeug der Lehrerinnen- und
76 Lehrerbildung. Beiträge zur Lehrerbildung. 29. Jahrgang,
77 Heft 2/2011, S. 172-184 ] Insgesamt betrachtet ist
78 festzuhalten, dass es in den letzten Jahren faktisch leider
79 noch nicht in ausreichendem Maße zu Veränderungen bei der
80 medienbezogenen Lehrerbildung in Deutschland gekommen ist.
81 Vielmehr wurden im Zuge der Restrukturierung von
82 Studiengängen stellenweise medienpädagogische
83 Studienangebote – nicht nur in den Lehramtsstudiengängen –
84 eingebüßt.
85
86 Die theoretische und empirische Fundierung der Verankerung
87 medienpädagogischer Inhalte wurde in den letzten Jahren in
88 Deutschland maßgeblich durch das Konzept „Medienkompetenz“
89 geprägt, dessen theoretische Beschreibung stark von Dieter
90 Baacke beeinflusst wurde (vgl. Baacke, 1988; Herzig, 2004).
91 Aufbauend auf dem kompetenztheoretischen Ansatz wurde
92 versucht, die Professionalität medienpädagogischen
93 Lehrerhandelns mit Konzepten zur „medienpädagogischen
94 Kompetenz“ zu bestimmen (Blömeke, 2000) [FN: Anmerkung:
95 Darunter versteht sie (1) die persönliche Medienkompetenz
96 von Lehrerinnen und Lehrern, (2) ihrer
97 sozialisationsbezogenen, (3) mediendidaktischen und (4)
98 medienerzieherischen Kompetenz sowie (5) ihrer
99 Schulentwicklungskompetenz im Medienzusammenhang.]. Auf die
100 Notwendigkeit, die medienpädagogische Kompetenz in einer
101 allgemeinen Theorie der Lehrerbildung zu verorten, weisen
102 Tulodziecki und Herzig (2002, S. 58ff) sowie Spanhel (2001,
103 S. 279) hin. Mit Blick auf die zentralen beruflichen
104 Aufgaben von Lehrerinnen und Lehrern [FN: Anmerkung: 1970
105 hatte der Deutsche Bildungsrat „Erziehen“, „Unterrichten“,
106 „Beurteilen“, „Beraten“ und „Innovieren“ als die fünf
107 zentralen beruflichen Aufgaben von Lehrerinnen und Lehrern
108 benannt. Insbesondere die durch eine akademische Ausbildung
109 ermöglichte Fähigkeit zur Unterrichts- und Schulentwicklung
110 begründet die Erwartung, dass Lehrkräfte aktiv eine
111 curriculare Integration der Medienbildung betreiben, wenn
112 der entsprechende Rahmen vorgegeben ist.] sind die
113 medienpädagogischen Kompetenzen theoretisch und empirisch
114 noch weiter auszudifferenzieren und in der Lehrerbildung
115 anzubahnen.
116
117 In der sich gegenwärtig entwickelnden empirischen
118 Lehrerbildungsforschung ist ein Schwerpunkt auf die
119 deskriptive und evaluative Erfassung erforderlicher
120 Kompetenzen von Lehrkräften sowie deren Aneignung und
121 Entwicklung in den unterschiedlichen Phasen der
122 Berufsbiographie ausgerichtet.

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