Papier: 01.03.01 Aspekte der Entwicklungspsychologie und der Sozialisationsforschung

Originalversion

1 Die Perspektive von einerseits Kindern und andererseits
2 Kindergarten bzw. Schule auf neue Medien und Internet
3 unterscheiden sich. "Während die Internetbesuche der Kinder
4 in der Freizeit vorwiegend von Spielinteressen geleitet
5 sind, sind sie im schulischen Kontext von Lehr- und
6 Lernvorgaben bestimmt". [FN: vgl.: Feil/Gieger: Das
7 Internet, ein Lernwerkzeug für Grundschulkinder?. In:
8 Bachmair (Hg.): Medienbildung in neuen Kulturräumen.
9 Wiesbaden: 2010, S. 243] Der erste nationale Bildungsbericht
10 stellte 2006 fest, dass Deutschland bei allen regionalen und
11 sozialen Unterschieden "einen im internationalen Vergleich
12 überdurchschnittlichen Ausstattungsgrad privater Haushalte
13 mit Computern und Internetanschlüssen aufweist" [FN: vgl.:
14 Bildungsbericht 2006, S. 60] und die Schule insgesamt einen
15 "vergleichsweise nachrangigen Lernort für Computernutzung
16 und den Erwerb computerbezogener Kompetenzen" [FN: vgl.:
17 Ebda., S. 63] darstellt. Dies betrifft in besonderem Maße
18 den Primarbereich. [FN: vgl.: Feil/Gieger: a.a.O, S. 244]
19
20 Im Vergleich der OECD-Staaten hinkt Deutschland bei der
21 Ausstattung seiner Schulen sowie hinsichtlich der zeitlichen
22 oder räumlichen Nutzung von Computern im Unterricht [FN:
23 vgl.: Bericht "Medienkompetenz", Abschnitt "4.2 Schülerinnen
24 und Schüler"] trotz erheblicher Erfolge in den
25 zurückliegenden Jahren noch immer deutlich hinterher und
26 liegt auch in der Sonderauswertung "Students On Line" auf
27 der Basis von PISA 2009 (Schüler im Alter von 15 Jahren)
28 weiterhin unter dem OECD-Durchschnitt. [FN: vgl.:
29 http://browse.oecdbookshop.org/oecd/pdfs/free/9811031e.pdf ,
30 S. 151] Befragungen auf Länderebene belegen ebenfalls eine
31 schwache Integration von (insbesondere digitalen) Medien als
32 Mittel für den Unterricht. Noch seltener sind sie Inhalt von
33 Unterricht. [FN: Anmerkung: Befragt wurden z.B. über 1000
34 niedersächsische Lehrkräfte (Gysbers, 2008), ca. 5000
35 bayerische Lehrkräfte (Bofinger, 2007) und über 1400
36 Lehrkräfte aus Nordrhein-Westfalen (Breiter, Welling &
37 Stolpmann, 2010).]
38
39 Gleichzeitig besteht auch eine Diskrepanz zwischen der
40 Möglichkeit zur sowie der tatsächlichen Nutzung von neuen
41 Medien im Unterricht. [FN: vgl.: Feil/Gieger: a.a.O, S. 244]
42 Der Anteil von Lehrpersonal mit tendenziell ablehnender
43 Haltung gegenüber dem IT-Einsatz im Klassenzimmer ist in
44 Deutschland dreimal so groß wie im europäischen
45 Durchschnitt. [FN: vgl.: Revermann, Christoph/ Georgieff.
46 Peter/ Kimpeler, Simone 2007: Mediennutzung und eLearning in
47 Schulen, TAB-Arbeitsbericht Nr. 122. Berlin 2007, online
48 abrufbar:
49 http://www.tab-beim-bundestag.de/de/publikationen/berichte/a
50 b122.html] Während britische Pädagogen der IT-Nutzung
51 positiv gegenüber stehen, über gute Kenntnisse und
52 Fertigkeiten im Umgang mit Computern verfügen, schätzen
53 deutsche Pädagogen ihre IT-Kenntnisse "insgesamt eher
54 kritisch ein". [FN: vgl.: ebd., S. 8]
55 Im Vergleich der Studierenden zeigt sich, dass
56 Lehramtsstudierende in Bezug auf Medienkompetenzen und im
57 Hinblick auf Einstellungen zu digitalen Medien gegenüber
58 Studierenden anderer Studiengänge schlechter abschneiden.
59 [FN: vgl.: Herzig & Grafe, 2007, S. 110; Kammerl &
60 Pannarale, 2007a ] Befunde legen nahe, dass insbesondere
61 Studierende im Lehramt Grundschule ihre Kompetenzen deutlich
62 unterdurchschnittlich einschätzen und neuen Medien insgesamt
63 negativer gegenüberstehen als Studierende anderer
64 Studiengänge. [FN: vgl.: Kammerl & Pannarale, 2007b, S.
65 6838f.] Doch es gibt auch eine insgesamt "breite Akzeptanz
66 für digitale Medien", wie beispielsweise eine Umfrage unter
67 Lehrerinnen und Lehrern im Auftrag des BITKOM herausgefunden
68 hat. [FN: vgl.:
69 http://www.bitkom.org/files/documents/BITKOM_Praesentation_L
70 ehrerumfrage_IT_in_Schulen_09_05_2011_final.pdf, Folie 4]
71 Demnach besitzen 75 Prozent der Lehrkräfte ein positives
72 Verhältnis zu elektronischen Medien. Die Vermutung, dass die
73 Nutzung elektronischer Medien mit dem Lebensalter der
74 Lehrkräfte verbunden sei und damit auf einem Kohorteneffekt
75 beruhe, die Jüngeren gegenüber den Älteren also
76 grundsätzlich verstärkt mit und über neue Medien
77 unterrichten, mag naheliegend erscheinen und wird in Studien
78 durchaus bestätigt. [FN: vgl.: ebd., Folien 5 und 7.
79 Anmerkung: Von den Lehrerinnen und Lehrern bis 40 Jahre
80 nutzen 53 Prozent den Computer täglich oder mehrmals
81 wöchentlich für die Vorbereitung ihres Unterrichts, nur 18
82 Prozent nutzen ihn selten und damit weniger als einmal pro
83 Woche. Von den über 51-Jährigen dagegen nutzen ihn zwar 47
84 Prozent häufig, 31 Prozent jedoch selten. Vor allem zählen
85 nur 17 Prozent der bis 40-Jährigen zu den Skeptikern des
86 Einsatzes elektronischer Medien im Unterricht, während es
87 bei den über 51-Jährigen 38 Prozent sind.] Elektronische
88 Medien werden von einem Großteil der Lehrkräfte aber auch
89 als Störfaktor für die kindliche Entwicklung angesehen. [FN:
90 vgl.: Breiter et al. (2010)]
91
92 Da die Schule einen nachrangigen Lernort für den Erwerb
93 computerbezogener Kompetenzen darstellt, ist davon
94 auszugehen, dass Kinder und Jugendliche beim Kompetenzerwerb
95 insbesondere auf das Elternhaus, auf Familie, Freunde und
96 den sozialen Nahbereich angewiesen sind. Fast alle Kinder
97 und Jugendliche haben zuhause Internetzugang [FN: Vgl.:
98 http://www.mpfs.de/fileadmin/JIM-pdf11/JIM2011.pdf, S.5.].
99 Die Bedeutung, die in den Familien der Internetnutzung
100 zugewiesen wird, unterscheidet sich dabei aber deutlich nach
101 dem Bildungshintergrund der Eltern. Im Vergleich zu Eltern
102 mit Hauptschulabschluss halten mehr als doppelt so viele
103 Eltern mit Abitur oder Studium das Internet für das
104 unverzichtbarste Medium für den Lern- und Schulerfolg ihrer
105 Kinder. [FN: Vgl.: Medienpädagogischer Forschungsverbund
106 Südwest: KIM-Studie 2010. Online abrufbar unter:
107 http://www.mpfs.de/fileadmin/KIM-pdf10/KIM2010.pdf, S. 59f.
108 (ebenso den Bericht der Enquetekommission zur
109 Medienkompetenz, S. 24.)]
110 Befragt nach dem Einsatz digitaler Medien in der Schule
111 geben zwischen 50 Prozent (PIRLS/IGLU 2006) und 66 Prozent
112 (mpfs 2011, 28) der Schüler an, dass sie nie mit digitalen
113 Medien in der Schule lernen. Nur etwa jeder dritte Schüler
114 im Alter von sechs bis 13 Jahren hat den Einsatz eines
115 Computers im Unterricht erlebt, obwohl nach den letzten
116 Zahlen rechnerisch mindestens ein Gerät pro neun Schülern in
117 dieser Schulart zur Verfügung stehen müsste (Schuljahr
118 2007/2008 nach KMK 2008).
119
120 Dabei ist die Situation in den verschiedenen Altersgruppen
121 unterschiedlich. Betrachtet man die Gruppe der Grundschüler,
122 so zeigt sich, dass bei den sechs- bis sieben-Jährigen die
123 Hälfte Computernutzer ist (mpfs, 2011). Anteile und
124 Nutzungsfrequenz steigen dann schnell an. Mit Ende der
125 vierten Klasse sind bereits über 80 Prozent regelmäßige
126 Computer- und Internetnutzer. Bereits im Alter ab acht
127 Jahren sind sie dabei in der Regel alleine. Dies ist mit
128 Hinblick auf mögliche Problemfelder betreffend
129 jugendgefährdender Inhalte, kommerzieller Interessen von
130 Internetanbietern und möglichen Kontakten zu Fremden aus der
131 entwicklungspsychologischen Perspektive nicht ohne Risiko.
132
133 Längst haben die digitalen Medien auch in dieser
134 Altersgruppe die Praxis klassischer Kulturtechniken
135 verändert. So ergab eine Umfrage unter Hamburger
136 Schülerinnen und Schülern der 3. Klasse, dass zwei Drittel
137 der Schülerinnen und Schüler mehrfach in der Woche zum
138 Vergnügen ein Buch lesen. Rund die Hälfte liest mehrfach in
139 der Woche im Internet. Ähnlich wie im Kindergarten fand in
140 den Primarschulen bis Anfang der 1990er kaum Medienerziehung
141 statt. Die Förderung von Lesekompetenz im Primarbereich ist
142 auch heute noch vor allem auf das Buch ausgerichtet.
143 Elektronische Medien werden von einem Großteil der
144 Lehrkräfte als Störfaktor für die kindliche Entwicklung
145 angesehen, es wird aber pädagogisch wenig unternommen, um
146 den Einfluss auf die eigenen Schülerinnen und Schüler zu
147 schmälern. So berichten Breiter et al. (2010), dass in ihrer
148 Stichprobe in Nordrhein-Westfalen [FN: Von den 93
149 ausgewählten Schulen mit etwa 3500 Lehrkräften beteiligten
150 sich im Frühsommer 2009 1458 Personen an der Befragung.]
151 jeweils fast drei Viertel der Lehrkräfte tendenziell den
152 Aussagen zustimmen, dass (1) die unkontrollierte Nutzung des
153 Internets zu viele Risiken birgt, (2) das Kollegium für die
154 Risiken der Mediennutzung sensibilisiert ist und (3) die
155 Schule die Schülerinnen und Schüler vor negativen Einflüssen
156 der Medien schützen muss. Andererseits nutzt nicht einmal
157 ein Fünftel der Lehrkräfte den Unterricht, um zumindest
158 gelegentlich mit ihren Schülerinnen und Schülern deren
159 Medienhandeln und den bewussten und kontrollierten Umgang
160 mit Medien zu reflektieren (Breiter et al., 2010).
161
162 Für die Jugendlichen stellt sich die Situation ähnlich dar.
163 Rund 90% ist täglich oder mehrmals die Woche online (mpfs,
164 2010). Die Hälfte der in der JIM-Studie 2010 befragten
165 Jugendlichen gab an, den Computer und das Internet täglich
166 oder mehrmals pro Woche zu Hause zum Arbeiten bzw. Lernen
167 für die Schule zu nutzen, aber nur insgesamt 16% arbeiten
168 mit Computer und Internet auch in der Schule mehrmals die
169 Woche. Dabei zeigt sich, dass die genannten Defizite nicht
170 allein auf Kompetenzen oder Motivationen von Lehrkräften
171 zurückzuführen sind, sondern in erster Linie auf die
172 mangelnde strukturelle Verankerung in den Curricula.
173
174 Sowohl Schülerinnen und Schüler als auch Eltern wünschen
175 sich, dass digitale Medien in der Schule eine größere Rolle
176 spielen. Die Schüler stehen einem Lernen mit Computer und
177 Internet sehr positiv gegenüber. Erfahrungen aus
178 Notebook-Projekten deuten darauf hin, dass diese Motivation
179 auch längerfristig anhält. [FN: vgl.: Behörde für Schule und
180 Berufsbildung (Hrsg.): Hamburger Netbook-Projekt. Hamburg:
181 2010.]

Der Text verglichen mit der Originalversion

1 Die Perspektive von einerseits Kindern und andererseits
2 Kindergarten bzw. Schule auf neue Medien und Internet
3 unterscheiden sich. "Während die Internetbesuche der Kinder
4 in der Freizeit vorwiegend von Spielinteressen geleitet
5 sind, sind sie im schulischen Kontext von Lehr- und
6 Lernvorgaben bestimmt". [FN: vgl.: Feil/Gieger: Das
7 Internet, ein Lernwerkzeug für Grundschulkinder?. In:
8 Bachmair (Hg.): Medienbildung in neuen Kulturräumen.
9 Wiesbaden: 2010, S. 243] Der erste nationale Bildungsbericht
10 stellte 2006 fest, dass Deutschland bei allen regionalen und
11 sozialen Unterschieden "einen im internationalen Vergleich
12 überdurchschnittlichen Ausstattungsgrad privater Haushalte
13 mit Computern und Internetanschlüssen aufweist" [FN: vgl.:
14 Bildungsbericht 2006, S. 60] und die Schule insgesamt einen
15 "vergleichsweise nachrangigen Lernort für Computernutzung
16 und den Erwerb computerbezogener Kompetenzen" [FN: vgl.:
17 Ebda., S. 63] darstellt. Dies betrifft in besonderem Maße
18 den Primarbereich. [FN: vgl.: Feil/Gieger: a.a.O, S. 244]
19
20 Im Vergleich der OECD-Staaten hinkt Deutschland bei der
21 Ausstattung seiner Schulen sowie hinsichtlich der zeitlichen
22 oder räumlichen Nutzung von Computern im Unterricht [FN:
23 vgl.: Bericht "Medienkompetenz", Abschnitt "4.2 Schülerinnen
24 und Schüler"] trotz erheblicher Erfolge in den
25 zurückliegenden Jahren noch immer deutlich hinterher und
26 liegt auch in der Sonderauswertung "Students On Line" auf
27 der Basis von PISA 2009 (Schüler im Alter von 15 Jahren)
28 weiterhin unter dem OECD-Durchschnitt. [FN: vgl.:
29 http://browse.oecdbookshop.org/oecd/pdfs/free/9811031e.pdf ,
30 S. 151] Befragungen auf Länderebene belegen ebenfalls eine
31 schwache Integration von (insbesondere digitalen) Medien als
32 Mittel für den Unterricht. Noch seltener sind sie Inhalt von
33 Unterricht. [FN: Anmerkung: Befragt wurden z.B. über 1000
34 niedersächsische Lehrkräfte (Gysbers, 2008), ca. 5000
35 bayerische Lehrkräfte (Bofinger, 2007) und über 1400
36 Lehrkräfte aus Nordrhein-Westfalen (Breiter, Welling &
37 Stolpmann, 2010).]
38
39 Gleichzeitig besteht auch eine Diskrepanz zwischen der
40 Möglichkeit zur sowie der tatsächlichen Nutzung von neuen
41 Medien im Unterricht. [FN: vgl.: Feil/Gieger: a.a.O, S. 244]
42 Der Anteil von Lehrpersonal mit tendenziell ablehnender
43 Haltung gegenüber dem IT-Einsatz im Klassenzimmer ist in
44 Deutschland dreimal so groß wie im europäischen
45 Durchschnitt. [FN: vgl.: Revermann, Christoph/ Georgieff.
46 Peter/ Kimpeler, Simone 2007: Mediennutzung und eLearning in
47 Schulen, TAB-Arbeitsbericht Nr. 122. Berlin 2007, online
48 abrufbar:
49 http://www.tab-beim-bundestag.de/de/publikationen/berichte/a
50 b122.html] Während britische Pädagogen der IT-Nutzung
51 positiv gegenüber stehen, über gute Kenntnisse und
52 Fertigkeiten im Umgang mit Computern verfügen, schätzen
53 deutsche Pädagogen ihre IT-Kenntnisse "insgesamt eher
54 kritisch ein". [FN: vgl.: ebd., S. 8]
55 Im Vergleich der Studierenden zeigt sich, dass
56 Lehramtsstudierende in Bezug auf Medienkompetenzen und im
57 Hinblick auf Einstellungen zu digitalen Medien gegenüber
58 Studierenden anderer Studiengänge schlechter abschneiden.
59 [FN: vgl.: Herzig & Grafe, 2007, S. 110; Kammerl &
60 Pannarale, 2007a ] Befunde legen nahe, dass insbesondere
61 Studierende im Lehramt Grundschule ihre Kompetenzen deutlich
62 unterdurchschnittlich einschätzen und neuen Medien insgesamt
63 negativer gegenüberstehen als Studierende anderer
64 Studiengänge. [FN: vgl.: Kammerl & Pannarale, 2007b, S.
65 6838f.] Doch es gibt auch eine insgesamt "breite Akzeptanz
66 für digitale Medien", wie beispielsweise eine Umfrage unter
67 Lehrerinnen und Lehrern im Auftrag des BITKOM herausgefunden
68 hat. [FN: vgl.:
69 http://www.bitkom.org/files/documents/BITKOM_Praesentation_L
70 ehrerumfrage_IT_in_Schulen_09_05_2011_final.pdf, Folie 4]
71 Demnach besitzen 75 Prozent der Lehrkräfte ein positives
72 Verhältnis zu elektronischen Medien. Die Vermutung, dass die
73 Nutzung elektronischer Medien mit dem Lebensalter der
74 Lehrkräfte verbunden sei und damit auf einem Kohorteneffekt
75 beruhe, die Jüngeren gegenüber den Älteren also
76 grundsätzlich verstärkt mit und über neue Medien
77 unterrichten, mag naheliegend erscheinen und wird in Studien
78 durchaus bestätigt. [FN: vgl.: ebd., Folien 5 und 7.
79 Anmerkung: Von den Lehrerinnen und Lehrern bis 40 Jahre
80 nutzen 53 Prozent den Computer täglich oder mehrmals
81 wöchentlich für die Vorbereitung ihres Unterrichts, nur 18
82 Prozent nutzen ihn selten und damit weniger als einmal pro
83 Woche. Von den über 51-Jährigen dagegen nutzen ihn zwar 47
84 Prozent häufig, 31 Prozent jedoch selten. Vor allem zählen
85 nur 17 Prozent der bis 40-Jährigen zu den Skeptikern des
86 Einsatzes elektronischer Medien im Unterricht, während es
87 bei den über 51-Jährigen 38 Prozent sind.] Elektronische
88 Medien werden von einem Großteil der Lehrkräfte aber auch
89 als Störfaktor für die kindliche Entwicklung angesehen. [FN:
90 vgl.: Breiter et al. (2010)]
91
92 Da die Schule einen nachrangigen Lernort für den Erwerb
93 computerbezogener Kompetenzen darstellt, ist davon
94 auszugehen, dass Kinder und Jugendliche beim Kompetenzerwerb
95 insbesondere auf das Elternhaus, auf Familie, Freunde und
96 den sozialen Nahbereich angewiesen sind. Fast alle Kinder
97 und Jugendliche haben zuhause Internetzugang [FN: Vgl.:
98 http://www.mpfs.de/fileadmin/JIM-pdf11/JIM2011.pdf, S.5.].
99 Die Bedeutung, die in den Familien der Internetnutzung
100 zugewiesen wird, unterscheidet sich dabei aber deutlich nach
101 dem Bildungshintergrund der Eltern. Im Vergleich zu Eltern
102 mit Hauptschulabschluss halten mehr als doppelt so viele
103 Eltern mit Abitur oder Studium das Internet für das
104 unverzichtbarste Medium für den Lern- und Schulerfolg ihrer
105 Kinder. [FN: Vgl.: Medienpädagogischer Forschungsverbund
106 Südwest: KIM-Studie 2010. Online abrufbar unter:
107 http://www.mpfs.de/fileadmin/KIM-pdf10/KIM2010.pdf, S. 59f.
108 (ebenso den Bericht der Enquetekommission zur
109 Medienkompetenz, S. 24.)]
110 Befragt nach dem Einsatz digitaler Medien in der Schule
111 geben zwischen 50 Prozent (PIRLS/IGLU 2006) und 66 Prozent
112 (mpfs 2011, 28) der Schüler an, dass sie nie mit digitalen
113 Medien in der Schule lernen. Nur etwa jeder dritte Schüler
114 im Alter von sechs bis 13 Jahren hat den Einsatz eines
115 Computers im Unterricht erlebt, obwohl nach den letzten
116 Zahlen rechnerisch mindestens ein Gerät pro neun Schülern in
117 dieser Schulart zur Verfügung stehen müsste (Schuljahr
118 2007/2008 nach KMK 2008).
119
120 Dabei ist die Situation in den verschiedenen Altersgruppen
121 unterschiedlich. Betrachtet man die Gruppe der Grundschüler,
122 so zeigt sich, dass bei den sechs- bis sieben-Jährigen die
123 Hälfte Computernutzer ist (mpfs, 2011). Anteile und
124 Nutzungsfrequenz steigen dann schnell an. Mit Ende der
125 vierten Klasse sind bereits über 80 Prozent regelmäßige
126 Computer- und Internetnutzer. Bereits im Alter ab acht
127 Jahren sind sie dabei in der Regel alleine. Dies ist mit
128 Hinblick auf mögliche Problemfelder betreffend
129 jugendgefährdender Inhalte, kommerzieller Interessen von
130 Internetanbietern und möglichen Kontakten zu Fremden aus der
131 entwicklungspsychologischen Perspektive nicht ohne Risiko.
132
133 Längst haben die digitalen Medien auch in dieser
134 Altersgruppe die Praxis klassischer Kulturtechniken
135 verändert. So ergab eine Umfrage unter Hamburger
136 Schülerinnen und Schülern der 3. Klasse, dass zwei Drittel
137 der Schülerinnen und Schüler mehrfach in der Woche zum
138 Vergnügen ein Buch lesen. Rund die Hälfte liest mehrfach in
139 der Woche im Internet. Ähnlich wie im Kindergarten fand in
140 den Primarschulen bis Anfang der 1990er kaum Medienerziehung
141 statt. Die Förderung von Lesekompetenz im Primarbereich ist
142 auch heute noch vor allem auf das Buch ausgerichtet.
143 Elektronische Medien werden von einem Großteil der
144 Lehrkräfte als Störfaktor für die kindliche Entwicklung
145 angesehen, es wird aber pädagogisch wenig unternommen, um
146 den Einfluss auf die eigenen Schülerinnen und Schüler zu
147 schmälern. So berichten Breiter et al. (2010), dass in ihrer
148 Stichprobe in Nordrhein-Westfalen [FN: Von den 93
149 ausgewählten Schulen mit etwa 3500 Lehrkräften beteiligten
150 sich im Frühsommer 2009 1458 Personen an der Befragung.]
151 jeweils fast drei Viertel der Lehrkräfte tendenziell den
152 Aussagen zustimmen, dass (1) die unkontrollierte Nutzung des
153 Internets zu viele Risiken birgt, (2) das Kollegium für die
154 Risiken der Mediennutzung sensibilisiert ist und (3) die
155 Schule die Schülerinnen und Schüler vor negativen Einflüssen
156 der Medien schützen muss. Andererseits nutzt nicht einmal
157 ein Fünftel der Lehrkräfte den Unterricht, um zumindest
158 gelegentlich mit ihren Schülerinnen und Schülern deren
159 Medienhandeln und den bewussten und kontrollierten Umgang
160 mit Medien zu reflektieren (Breiter et al., 2010).
161
162 Für die Jugendlichen stellt sich die Situation ähnlich dar.
163 Rund 90% ist täglich oder mehrmals die Woche online (mpfs,
164 2010). Die Hälfte der in der JIM-Studie 2010 befragten
165 Jugendlichen gab an, den Computer und das Internet täglich
166 oder mehrmals pro Woche zu Hause zum Arbeiten bzw. Lernen
167 für die Schule zu nutzen, aber nur insgesamt 16% arbeiten
168 mit Computer und Internet auch in der Schule mehrmals die
169 Woche. Dabei zeigt sich, dass die genannten Defizite nicht
170 allein auf Kompetenzen oder Motivationen von Lehrkräften
171 zurückzuführen sind, sondern in erster Linie auf die
172 mangelnde strukturelle Verankerung in den Curricula.
173
174 Sowohl Schülerinnen und Schüler als auch Eltern wünschen
175 sich, dass digitale Medien in der Schule eine größere Rolle
176 spielen. Die Schüler stehen einem Lernen mit Computer und
177 Internet sehr positiv gegenüber. Erfahrungen aus
178 Notebook-Projekten deuten darauf hin, dass diese Motivation
179 auch längerfristig anhält. [FN: vgl.: Behörde für Schule und
180 Berufsbildung (Hrsg.): Hamburger Netbook-Projekt. Hamburg:
181 2010.]

Vorschlag

  1. Bewerten Sie die Original- und die eingebrachten Versionen eines Papiers, indem Sie über die Pfeile Ihre Zustimmung (hoch) oder Ablehnung (runter) ausdrücken. Sie können dabei auch mehreren Versionen zustimmen oder diese ablehnen.

  2. Wählen Sie, ob Änderungen im Vergleich zur Originalversion hervorgehoben werden sollen.

  3. Sie können hier auch eine neue Version des Papiers einbringen.