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    Modellrealist · angelegt
     

    Als Wissenschaftler möchte ich gerne eine Diskussion zu einem Thema anregen, die sowohl die internetbezogene Forschung als auch die Zugänglichkeit von wissenschaftlichen Erkenntnissen betrifft.

    Meiner Meinung nach haben neue internetbasierte Formen der Wissensweitergabe und Kooperation ein erhebliches Potential, die Zusammenarbeit von Wissenschaftlern zu fördern. Es gibt bereits viele Websites, die Wikis, Diskussionsforen, Werkzeuge zur Bewertung von vorhandenem Wissen, professionelle soziale Netzwerke usw. speziell für Wissenschaftler bieten. Diese sollten gerade in der Grundlagenforschung eigentlich längst alltäglich genutzt werden. Allerdings habe ich festgestellt, dass dies nur sporadisch der Fall ist, da zu wenige Freiwillige qualitativ hochwertige Beiträge leisten. Die Ursache dafür sehe ich darin, dass das Bewertungssystem wissenschaftlicher Leistungen keine Anreize dafür bietet und durch den enorm hohen Konkurrenzdruck jede Mehrarbeit sanktioniert.

    Dieses Bewertungssystem basiert auf dem traditionellen Publikationssystem (Zeitschriftenartikel oder Buch), das sich seit vielen Jahrzehnten kaum verändert hat. Es ist ausgelegt auf abgeschlossene Projekte einer gewissen Mindestgröße, durchgeführt von wenigen Hauptautoren. Die Autorenschaft von Artikeln oder Büchern ist die einzige "Währung", die für die Fortführung der Karriere oder Einwerbung von Forschungsgeldern entscheidend ist. Ein Bewertungsbonus wird im Wesentlichen nur den Hauptautoren nach Reputation der Zeitschrift oder Anzahl von Zitaten zugerechnet. Es fehlt ein System, die Qualität und Umfang von kleinteiligeren Beiträgen sowie Bewertungsleistungen (bisher v.a. peer review) in einen fairen "Bonus" umrechnen kann. Im bisherigen System ist dies ungünstig und wurde oft kritisiert, für Beiträge in oben genannten neuartigen Systemen verhindert es jedoch eine Anerkennung komplett. Andererseits liegen bei neuartigen Publikationen wesentlich mehr Informationen vor, die eine Messung der Leistung theoretisch ermöglichen sollten. Wissenschaftliche Forschung zu solchen Metriken zusammen mit der späteren Berücksichtigung derselben im Prozess der Forschungsmittelvergabe könnte einem produktiveren Wissensaustausch mittels neuer Medien zum Durchbruch verhelfen. Dies ist eine Aufgabe für das BMBF und indirekt die DFG als wichtigste Wissenschaftsfinanzierer.

    Später könnte eine neuartige Bewertung wissenschaftlicher Leistungen auch auf das traditionelle Publikationssystem angewendet werden und oft kritisierte Defizite beheben. Langfristig hat sie das Potential, sogar die Struktur wissenschaftlicher Kooperationen zu verändern. So werden z.B. komplexe Kooperationsprojekte, die sehr aufwendige Beiträge von mehr als zwei Experimentatoren erfordern und nicht in unabhängige Teile zerlegt werden können, zumindest in den akademischen Biowissenschaften meistens nicht durchgeführt, da die Leistung weiterer Beteiligter im bisherigen System nicht angemessen honoriert wird. Hier könnten neuartige Bewertungsmetriken wissenschaftlicher Leistungen, die Beiträge von einer größeren Anzahl von Autoren anerkennen, sogar die Leistungsfähigkeit der akademischen Forschung in diesen Bereichen erhöhen.